Satire - Die Legende vom heiligen Emmeram
 

Normalerweise machen wir uns nicht über fremde Religionen lustig,
aber das folgende Lied handelt von einem
Vertreter einer solchen, der an der Unterdrückung unserer
eigenen Religion nicht ganz unbeteiligt war. Es heißt
"Die Legende vom heiligen Emmeram" und spielt in unserem
bayerischen Nachbarland, wo der besagte
Emmeram im Zuge der karolingischen Missionierung der
heidnischen Herzogtümer im 8. Jahrhundert legendär
und heilig geworden ist. Seither haben die Bayern in jedem
Klassenzimmer ein Kruzifix und verehren den
Emmeram als einen der sogenannten 14 Nothelfer, die sie anrufen,
wenn es sie irgendwo zwickt. Für welches
Zwicken der Emmeram genau zuständig ist, weiß ich nicht, aber nach
dem folgenden Lied könnt ihr euch das
schon ungefähr denken.

Das Lied wurde von Fritz Steinbock im Dreivierteltakt geschrieben
und zur Unterstreichung seines feierlichen
und besinnlichen Charakters mit einem Jodler versehen.
Zum vollen Genuß des Liedtextes sind
Grundkenntnisse der bayerischen Sprache von Vorteil.
Also mir gehma's jetzt oh:

Die Legende vom heiligen Emmeram

Im Land der alten Bayern da lebte einst ein Mann,
Der ist von weit gekommen und hieß Sankt Emmeram.
Er war ein Mönch und predigte dem Volk das Wort des Herrn.
Die Bayern waren Heiden und wollten das nicht hör'n.

(Jetzt kommt der Refrain)
Er wanderte von Ort zu Ort ,(Holladio)
Die Leute glaubten ihm kein Wort.(Holladio)
Sie lebten frei und war'n nicht dumm
Und hielten fest am Heidentum. (Duljo)

Soviel er auch erzählte, es half ihm alles nix.
Sie wollten keine Bibel und auch kein Kruzifix.
Er ging zu jedem Bauern und jedem Edelmann,
Doch keiner von den Lackeln nahm die Taufe an.

Er wanderte von Ort zu Ort ,(Holladio)
Er predigte in einem fort.(Holladio)
Die Männer hörten ihm nicht zu,
Da wandt' er sich den Weiberleuten zu. (Duljo)

Die Tochter des Bayernherzogs war lieblich, jung und nett.
Er sprach zu ihr voll Inbrunst: "Ich predig' dir im Bett."
Sie sagte: "Schaug, daß'd waidakimmst, bevor i granti werd!"
Da hat sie der Sankt Emmeram mit Gewalt bekehrt.

Er wanderte von Ort zu Ort ,(Holladio)
Er predigte in einem fort.(Holladio)
Und baute er auch einmal Mist,
Hat er'n gebeichtet, denn er war ja ein Christ.(Duljo)

Die Herzogstochter aber ganz heidnisch auf Rache sann.
Sie hatte einen Bruder, das war ein starker Mann.
Er hatte eine scharfe Axt, die trug er stets dabei
Und schlug damit den Emmeram mit einem Hieb entzwei.

Er wanderte von Ort zu Ort ,(Holladio)
Er predigte in einem fort.(Holladio)
Nun zog er in den Himmel ein
Als Märtyrer mit Heiligenschein.(Duljo)

(An dieser Stelle ist beim lebendigen Vortrag des Liedes,
um den Zuhörern einen Moment der Besinnung und Andacht zu
ermöglichen, ein Zwischenspiel in Form eines feierlichen Jodlers vorgesehen,
der schriftlich allerdings nicht angemessen
wiedergegeben werden kann und daher leider entfallen muß.)

Kommt heute eine Jungfrau am Himmelstore an,
So wartet gleich dahinter der heil'ge Emmeram.
Als g'lernter Missionar kennt er der Sünde Kraft,
Drum prüft er ihren Glauben und ihre Jungfernschaft.

Er wanderte von Ort zu Ort ,(Holladio)
Er predigte in einem fort.(Holladio)
Und was auf Erden er getan,
Auch im Himmel er nicht lassen kann.(Duljo)

Und das ist nun am Ende die Moral von der Geschicht:
O Mädel, sei gescheit und bleibe Jungfrau nicht.
Sonst kommst du in den Himmel zum heil'gen Emmeram.
Da ist es doch viel besser, du suchst dir selber an.

Er muß nicht reich und mächtig sein,(Holladio)
Daß er dich mag, das zählt allein.(Holladio)
Ist er auch arm und unbekannt,
Am End' gar ein Musikant.(Hodrijoh. Gugu.)
 

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Märchen und Mythen